1. Trickis Trick
7. Der Schlüssel
Am Donnerstag seufzte Tricki tief auf, als er den Staubsauger in den Besenschrank zurückstellte. Den ganzen Morgen hatte er fleißig für die Hexe Kaukau gearbeitet. Die Liste war lang gewesen: Spülmaschine ausräumen, Tafelsilber und Fenster putzen, Arbeitskeller lüften, Papierkörbe leeren, Staubwischen und Staubsaugen.
Jetzt war es elf Uhr, und der Roboter hoffte, vor dem Mittagessen ein wenig nach draußen gehen zu dürfen."Was schenke ich nur den Außerirdischen, wenn die Übergabe erfolgt?" überlegte die Hexe Kaukau laut.
Sie saß im Wohnzimmer am runden Tisch und schrieb den wöchentlichen Einkaufszettel, der meistens sehr lang wurde. Nervös knabberte sie an ihrem Bleistift. Tricki schaute vorsichtig zur Tür herein und fragte höflich: "Ich bin fertig mit der Arbeit. Darf ich Kinder fangen gehen?" Toulani von den Außerirdischen ist ein großer Dummkopf. Das letzte Mal hat er mir eine Perücke geschenkt. Scheußlicher geht's nicht mehr! Diese Außerirdischen sind zwar nützlich, haben aber einen grausigen Geschmack. "Aber ja!" erwiderte die Hexe Kaukau hocherfreut. "Ich brauche schnellstens ein Kind, weil ich schon mit Toulani Kontakt aufgenommen habe. Wir verhandelt gerade den Preis, und dieser Schlaukopf will mich - wie immer - hereinlegen. Da muss er aber früher aufstehen. Also hopp, hopp! Ohne Kind kommst du mir nicht ins Haus. Hier hast du ein paar Luftballons. Damit kannst du Kinder anlocken." "Ja, Herrin." Tricki nahm die Luftballons entgegen und beeilte sich, nach draußen zu kommen. Er hörte die Nachbarskinder im Garten spielten und schaute über die Hecke. "Hallo, Tricki! Was hast du für schöne Luftballons!" rief Biggi sogleich. "Spielen wir damit?" "Gut, wenn ich euch wieder fangen darf", sagte der Roboter vergnügt. "Kommt doch rüber. Hier ist mehr Platz. Ich kenne ein lustiges Spiel. Es heißt: Kinderfangen." "Kriege ich den roten Luftballon?" bat Biggi aufgeregt. "Klar doch." Tricki hob Biggi über die Hecke. Er stemmte die Hände in die Seiten. "Das Spiel geht so." Er erklärte ihnen die Spielregeln. Die Kinder waren begeistert und wollten gleich mit dem Spiel beginnen. So kam es, dass die Hexe Kaukau erleichtert feststellte "Aha, er jagt wieder die Nachbarskinder", als sie aus dem Fenster schaute und Tricki hinter Alex herlaufen sah. Es entstand ein großes Geschrei. Dann beobachtete sie, wie Tricki einen vollen Sack ins Haus schleppte. "Jawohl, ab damit in den Keller!" jubelte die Hexe Kaukau. Vor Freude fing sie an zu kauen. Leider hielt sie jedoch nicht ihren Bleistift, sondern ihr metallverstärktes Lineal in der Hand, und sie kreischte: "Au!" Doch der Schmerz ließ sie kalt, weil ihre Vorfreude auf einen hohen Geldbetrag größer war.
Tricki schloss die Tür des Vorratskellers ab. "Denk daran", sagte er zu Alex, den er soeben im Keller eingesperrt hatte, "das ist nur ein Spiel. Allerdings must du dich selbst befreien. Ich gehe jetzt und komme nachher wieder und schaue nach, ob du die Tür aufbekommen hast." Der Roboeter entfernte sich. Alex kroch aus dem Sack und blickte sich neugierig um. Er befand sich in einem viereckigen halbdunklen Raum. Das Fenster war nur ein Schacht. In hohen Wandregalen lagerten Flaschen, Marmeladengläser, Gewürzdosen, Konservenbüchsen, Plastikbehälter und Putzmittel. In einer Kiste befanden sich Kartoffeln, in einer anderen Äpfel.
Dann entdeckte Alex eine Zeitung und eine Schere in einem der Regale. "Aha!" rief der Junge erfreut aus. "Tricki hat vorgesorgt. Mal sehen, ob ich das Schloß aufbekomme." Er untersuchte die Kellertür und war froh, einen breiten Spalt unter der Tür zu entdecken. Da kam die Hexe Kaukau die Kellertreppe hinuntergeeilt. Sie rüttelte an der Vorratskellertür und rief: "Ist da ein Kind drin?" "Ja", antwortete Alex höflich. "Wir spielen nur." "Soso", meinte die Hexe hocherfreut. "Dann spielt man ruhig weiter. Ich will nicht stören." Kichernd huschte sie davon. Gutgelaunt wählte die Hexe Kaukau sich ins Internet ein und klickte die gespeicherte Adresse ihrer Lieblingshomepage an. Das war natürlich die Homepage der Außerirdischen, die sehr geheim und sehr auffällig war. Flink klickte die Hexe die Rubrik "Angebote" an. Sie nahm mit Toulani Kontakt auf, indem sie ein Formular ausfüllte und abschickte. So, jetzt lief die Sache. Mal sehen, welchen Preis Toulani zahlen wollte. Sie würde um jeden Euro kämpfen.
Als die Hexe Kaukau eine Weile später ihren Arbeistkeller verließ, rieb sie sich zufrieden die Hände. Toulani hatte nachgegeben und einen viel höheren Preis akzeptiert, als sie ihm zugetraut hätte. Die Hexe kicherte. Da fiel ihr Blick auf die Tür des Vorratskellers. Ihr Atem stockte. Die Tür stand sperrangelweit offen.
"T-R-I-C-K-I-!-!-!" brüllte die Hexe nach oben. "Komm sofort her und erklär mir das!" Vor Ärger bekam sie augenblicklich Seitenstechen. "Ja. Was ist, Herrin?" Der Roboter kam die Treppe herabgelaufen und erwartete ihren Befehl.
"Sieh dir das an!" zeterte die Hexe Kaukau, und sie war hochrot im Gesicht. "Das Kind ist weg!" "Wirklich?" Tricki zeigte sich überrascht. "Ja, siehst du denn das nicht?" schimpfte die Hexe Kaukau mit ihm. Wütend schob sie den Roboter in den Vorratskeller. "Irgendjemand hat dem Kind die Tür aufgemacht. Warst du das?" Sie musterte ihn mit gefährlich funkelnden Stachelbeeraugen. "Wenn ich mich so ärgern muss, kriege ich Magenschmerzen. Und das alles wegen dir!" "Nein, Herrin", erwiderte Tricki rasch. Er bückte sich und hielt eine Zeitung und eine Schere in die Höhe. "Damit hat das Kind von innen die Tür geöffnet", sagte er und wirkte erstaunt. "Erklär mir das?" fiuhr die Hexe ihn an. Also zeigte Tricki ihr diesen einfachen Trick.
Dieser Roboter ist unnütz bis zum Gehtnichtmehr.
"Ich warne dich, Tricki. Ich bin außer mir vor Ärger. Das schöne Geld, das ich bekommen hätte. Wenn es das nächste Mal nicht besser klappt, wirst du in der Roboterfabrik - ruck, zuck! - entsorgt. Hast du mich verstanden?" Ende des 1. Kapitels
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