80. Branko
Obwohl Sergej längst aufgehört hatte, nach Duro zu suchen, ging er dennoch jeden Abend in die Verbotene Zone, um etwas anderes als immer nur die Gärtnerei zu sehen. So jedenfalls dachte er, aber im Grund lief er vor sich selbst davon.
Sich mit seinen Freunden zu treffen, vermied er absichtlich, weil er befürchtete, sie würden sein Verhalten kritisieren. Außerdem waren sie so sehr mit ihren Patenkindern beschäftigt, dass
für ihn sowieso wenig Zeit übrigblieb.
Mit gesenktem Kopf schlich er durch das triste Straßenlabyrinth von Padena, ließ sich zunächst ziellos dahintreiben, bis er schließlich mehr oder weniger zufällig auf einen Monstergang stieß und darin verschwand.
Auch heute Abend war er auf Umwegen zu solch einem geheimen Gang unterwegs. Plötzlich rempelte ihn ein gleichaltiger Junge in einem dunklen Umhang an. "He, Kassierer!" begrüßte ihn der Maskierte mit rauer Stimme.
"Bist du das, Branko?" Sergej war stehen geblieben und starrte den Vermummten an.
"Hör mal, du machst ja Sachen. Boris ist stinksauer auf dich und will dir einen Denkzettel verpassen."
"Woher weißt du das?" Sergejs Stimme klang gedämpft durch den Mundschlitz der Maske.
"Hab so meine Quellen. In deiner Haut möchte ich nicht stecken," warnte Branko ihn eindringlich.
"Sind alles Missverständnisse," erwiderte Sergej leichthin.
"Bist du dir da sicher? Sie beratschlagen heute, was sie mit dir machen."
"Gut, dass du mir das sagst." Sergej lachte bitter auf. "Wie geht's dir?"
"Geht so. Du weißt ja, die Luft hier bekommt mir nicht. Muss zu oft husten. Gehst du mit zum Club und redest mit Boris?"
"Hab keine Zeit. Muss nach Hause."
"Na denn. Bis zum nächsten Mal!"
Die beiden Jungen schlugen freundschaftlich die geballten Fäuste gegeneinander, bevor sich ihre Wege trennten.
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