Kocherts Tier Monsterschüler


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Am 15. September begann das neue Schuljahr, eine Art Schicksalstag, von Carmen tief verabscheut doch von Nikita mit gemischten Gefühlen herbeigesehnt. Mit bleischweren Schritten verließ Carmen frühmorgens das großräumig gebaute Einfamilienhaus. Wie sie es hasste, in diese öde Schillerschule zu gehen! Rasch warf sie einen Seitenblick in eine Glasscheibe, um ihr Aussehen zu kontrollieren. Gegen den Willen ihrer Mutter hatte sie sich die Augen schwarz umrändert und trug ein nachtschwarzes Oberteil mit aufgenähten Filztotenköpfen. Wenn Pauline sie so sehen könnte! Pauline war ihre frühere Freundin. Jetzt schickten sie sich nur noch Kurznachrichten. Schlechtgelaunt stapfte Carmen durch die stille Lilienstraße in Richtung Schulzentrum. Ging denn niemand sonst zur Schule? Plötzlich löste sich eine schmale Jungengestalt aus dem Schatten einer Mauer am Ende der Straße. He! Wo war der hergekommen? Carmen kniff die Augen zusammen. Dass der Typ vor ihr einen bemerkenswerten schleichende Gang und blauschwarze kurze Haare hatte, sah sie auch von Weitem. Ihre Haut begann zu prickeln. War Großglockstadt doch nicht so sterbenslangweilig wie sie glaubte?

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