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Carmen lächelte in sich hinein. Offensichtlich hatte sie einen von Nikitas Fluchtwegen entdeckt. Während Frau Klemm nichtsahnend mit ihr nach oben schritt, um neues Kopierpapier in den Drucker einzulegen, legte sich Carmen eine neue Suchstrategie zurecht. Als erstes behauptete sie, sie
müsste unbedingt auf die Toilette. Stattdessen eilte sie zur Mensa. Sieh an, an einem der Tische saß Nikita und schrieb in ein Schulheft. Er würdigte sie keines Blickes. Ob er wusste, dass sie ihn unten im Keller gesehen hatte?
Rasch kehrte sie in das Lernatelier zurück, setzte sich an ihren Platz, druckte ihr Dokument aus und beschloss, heute nachmittag im Keller Wache zu halten. Dafür würde sie ihre Erste-Hilfe-AG ausfallen lassen. Als sie sich mittags mit Mia und Sandra in der Mensa traf, sprühte sie
über vor guter Laune. "Kriegst du mehr Taschengeld?", fragte Sandra sie spöttisch. "Ne. Aber heut ist mein Glückstag", erwiderte Carmen übermütig. Mia wiegte den Kopf hin und her. "Es ist noch nicht abends", warnte sie ihre Schulfreundin.
Um drei Uhr, als die meisten Schüler und Schülerinnen an Arbeitsgemeinschaften teilnahmen, schlich Carmen in den Keller der Schillerschule. Ein wenig graute ihr davor, in dem unbeleuchteten Kellergang auf Nikita zu warten. Als sie die Brandschutztür hinter sich schloss und
undurchdringliche Dunkelheit sie umgab, hatte sie das Gefühl, nun von der Außenwelt abgeschnitten zu sein. Ehe sie Panik ergriff, setzte sie sich auf einen der staubigen Stühle, die im Gang standen, und schaltete ihr Handy ein. Sie wollte
die Wartezeit mit einem spannenden Computerspiel überbrücken.
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