Home Tolli im Hexen-Internat


19. Strafarbeit

Am nächsten Morgen herrschte in der ersten Klasse der Hexenschule ein fröhlicher Lärm, bis krachend die Tür aufflog. Sofort verstummten alle Schülerinnen und rannten zu ihren Plätzen. Sichtlich schlecht gelaunt stürmte die Hexe Berberitze in das Klassenzimmer. "Ruhe!" Gereizt klopfte sie drei mal mit ihrem Besen auf den Fußboden. Die dreizehn Mädchen warfen sich genervte Blicke zu. Wenn ihre Klassenlehrerin doch etwas netter wäre! Aber eher würde es Knallerbsen regnen, als dass dieser Wunsch jemals in Erfüllung ginge.
"Wir rechnen heute mit ..." Die Hexe hielt mitten im Satz inne. "Was ist das?" Mit zusammengepressten Lippen starrte sie in die letzte Reihe, wo Tolli, Belli, Schnippi und Frosti sich hinter ihren Netbooks versteckten. "Habe ich euch nicht gesagt, das persönliche Netbook darf weder bekritzelt noch beklebt werden!", kreischte die Hexe außer sich vor Wut. Mit ausgestrecktem Zeigefinger näherte sie sich den vier Schülerinnen, die jetzt schuldbewusst ihre Köpfe senkten. Verächtlich starrte die Hexe Berberitze die vier bunten Schmetterlinge an, die die Mädchen am Tag zuvor gebastelt hatten.
"Unverschämt!", schrie ihre Klassenlehrerin giftig. "In den Papierkorb damit! Aber schnell." Die Augen der Hexe funkelten wie kaltes Gebirgsbachwasser in der Wintersonne. "Das gibt eine Strafarbeit! Und nicht zu knapp. Eine Woche lang Arbeitsdienst. Gleich nach dem Mittagessen meldet ihr euch bei der Hexe Reibeisen, damit sie euch einteilt."
"Ja", murmelten die vier Freundinnen bedrückt. Tolli machte sich heftige Vorwürfe. Wie konnte sie nur diese Regel vergessen? Sie hatte ihre Freundinnen da mit hineingezogen, ohne es zu wollen.
Verdrossen entfernten die vier Mädchen ihre geniale Spionageabwehr, trotteten nach vorne und warfen alles in den Papierkorb.
Als die Hexe Berberitze in der Pause das Klassenzimmer wieder verlassen hatte, wurden die vier Freundinnen sogleich von ihren Mitschülerinnen umringt. "Habt ihr einen Mut!", bewunderten die Mädchen sie. "Das hätte ich mich nie getraut."
"Ich auch nicht! Wie die geglotzt hat, als sie eure Netbooks sah!" Sie kicherten ausgelassen.
"Na ja! Eine Strafarbeit ist bestimmt nicht gut für die Probezeit", warnte Blondi mit Grabesstimme.
"Na und? Man kann nicht alles mit sich machen lassen."
"Du traust dich ja noch nicht mal, falsch zu sitzen."
Da erzählten ihnen Tolli, Belli, Frosti und Schnippi von ihrem Verdacht, über das Netbook ausspioniert zu werden. Ihre Mitschülerinnen schauten zunächst ungläubig, ließen sich aber schließlich überzeugen.
"Der wahre Grund, warum wir unser Netbook nicht bekleben dürfen, ist eindeutig", versicherte Frosti mit ernstem Gesicht. "Die Webcam soll nicht verdeckt werden. Nur deshalb machen die so einen Stress. Ich bin mir da ganz sicher."



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