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18. Der Verdacht
Nach diesem aufregenden Schultag saßen die vier Freundinnen an dem großen runden Tisch in ihrem Zimmer und erholten sich von den Strapazen des Waldspaziergangs. Sie
hatten ihre Netbooks eingeschaltet, lachten und schwatzten laut durcheinander. Schnippi hörte nebenbei Popmusik, dabei lackierte sie ihre Fingernägel blauschwarz. Tolli klickte
sich in die Schulbibliothek ein. Sie wollte die Abbildungen eines Heilpflanzenbuches ansehen. Frosti, die sich für ihren Computer interessierte, untersuchte
das Textverarbeitungsprogramm. Und Belli hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, die eingebaute Videokamera laufen zu lassen, um ihr Aussehen wie in einem Spiegel zu überprüfen.
"Wie sehe ich nur wieder aus!" Ihr entsetzter Blick galt ihrem Gesicht, das auf dem Bildschirm klar und deutlich zu sehen war, aber ihrer Meinung nach abscheulich glänzte.
"Na, wie immer", sagte Frosti kühl. "Pass nur auf, dass die Hexe Pica nicht zuschaut."
Erschrocken riss Belli Mund und Augen auf. Jetzt sah ihr Video richtig abstoßend aus, so dass sie entsetzt die Hände rang.
Unter den neuen Schülerinnen hatte es sich bereits herumgesprochen. Die Hexe Pica war die EDV-Hexe ihrer Schule. Es hieß, sie wäre eine Meisterin ihres Faches und mit der schwarzen Kunst vertraut.
Tolli drehte den Kopf zur Seite. "Meinst du, wir werden überwacht?"
Frosti zuckte mit den Achseln. "Möglich ist alles. So eine Videokamera hat nicht nur Vorteile. Vielleicht benutzt sie die Schulleitung, um uns zu kontrollieren."
"Wie soll das denn gehen?" Schnippi hielt ihre fertig lackierte linke Hand in die Höhe.
"Nichts leichter als das", versicherte Frosti überzeugt. "Jede eingebaute Kamera eines Computers kann ferngesteuert angeschaltet werden. Vielleicht hat die EDV-Hexe es so eingerichtet, dass sie die Webcam dazu benutzt, um zu spionieren."
"Da sieht sie doch nicht viel", widersprach Belli ihr.
"Na hör mal, sie sieht, wer am Computer sitzt und wo die betreffende Person sich aufhält. Das ist schon eine ganze Menge."
"Meinst du, sie hört mit, wenn wir über das Internet telefonieren?", fragte Tolli besorgt.
"Gut möglich." Frosti nickte mehrmals. "Dadurch weiß die Schule, was wir wirklich denken."
Schnippi wedelte ihre linke Hand durch die Luft, damit der Nagellack schneller trocknete. "Wie ätzend! Es könnte sich auf unsere Probezeit auswirken. Oder?"
"Theoretisch kann die EDV-Hexe uns alle regelmäßig abhören."
"Und sehen", fügte Belli kleinlaut hinzu.
Die vier Freundinnen verstummten eine Weile. Dann hatte Tolli eine Idee. "Wisst ihr was? Ich bastele mir einen bunten Schmetterling aus Tonpapier und setze den oben auf meinen Bildschirm, wo die Webcam ist. Einen
Flügel klappe ich herunter und schon ist die Kamera blockiert. Wenn ich die Kamera brauche, klappe ich einfach den Flügel nach oben."
"Super!" Frosti gefiel ihr Vorschlag. "Ich bastele mir auch so eine praktische Spionageabwehr."
Nach einigem Überlegen holte Belli ebenfalls alles verfügbare Bastelmaterial, um mitzumachen.
"Da wird die Hexe Pica aber glotzen, wenn sie nicht mich, sondern nur etwas Buntes sieht", meinte Tolli und konnte gar nicht aufhören zu kichern.
Schnippi, die abwarten musste, bis der Nagellack getrocknet war, meinte bissig: "Besser wäre es, eine Halloweenmaske aufzusetzen."
"Ach was! So etwas gefällt doch einer Hexe", widersprach ihr Belli.
Frosti griff energisch nach ihrer Bastelschere. "Um die Hexe Pica zu erschrecken, müsste mindestens die Oberhexe Donnerwetter an meinem Computer sitzen", meinte sie trocken. Worauf ihre Freundinnen
bei dieser Vorstellung vor Lachen fast vom Stuhl fielen.
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