Home Tolli im Hexen-Internat


16. Rote Mäntel mit Kapuzen

Bevor sie den tropfnassen Zitterwald betraten, drehte sich die Hexe Fantastika zu den Schülerinnen um und sagte freundlich: "Wie ihr wisst, sind wir hier, um die Sprachen der Tiere zu erlernen. Heute werden wir hauptsächlich Krähen und Eichelhäher sehen, vielleicht auch ein Wildkaninchen oder ein Eichhörnchen. Wichtig ist, die Tiere in ihrer Eigenart zu studieren und eure Beobachtungen aufzuschreiben."
"Dürfen wir auch Kleinlebewesen beobachten, Mary?", fragte eine Schülerin schlau. "An welches Kleinlebewesen denkst du?", erkundigte sich ihre Lehrerin. "An Schnecken. Davon gibt es eine Menge, wenn es regnet." "Oder Regenwürmer!", fiel eine andere Schülerin dazwischen. Einige Mädchen kicherten laut.
Ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen, bestimmte die Hexe Fantastika: "Es ist leichter, eine Schar Krähen zu beobachten, als eine Schnecke auf dem Weg. Tretet bitte auf keine Schnecke."
"Nein", versicherte Blondi eifrig. Mit vorsichtigen Schritten eilte sie der Hexe nach, die jetzt einen verschlungenen Waldpfad wählte. Die anderen Mädchen setzten sich nur zögernd in Bewegung.
"Krähen sind mir lieber als Kröten", meinte Schnippi zu Frosti, die sich daraufhin voller Ekel schüttelte.
"Kröten sind gar nicht hässlich", meinte Tolli überzeugt. "Sie haben schöne Augen."
"Spinnst du!", beschwerte sich Belli.
Da hob die Hexe vor ihnen die Hand. Alle sahen nun eine zerzauste Krähenschar, die einen alten Baum umkreiste und ärgerlich krächzte. Die Mädchen blieben stehen, starrten die schwarzen Vögel an und bemühten sich, irgend etwas von ihrem lauten Gekrächze zu verstehen.
Tolli schloss die Augen, um besser hören zu können. Das Gezeter der Krähen klang aufgebracht, so als wäre ein Feind aufgetaucht, den sie verjagen wollten. Dann hörte sie einen anderen Ton, das Rufen eines Raubvogels. Schnell öffnete sie die Augen. Tatsächlich! Dort oben kreiste ein großer Vogel. Ein Bussard oder ein Habicht.
Bald stellte sich heraus, die Krähen hatten den Raubvogel längst bemerkt und stürzten sich gemeinsam auf den Feind, um ihn zu vertreiben. Für die Schülerinnen, die alles genau beobachteten, gab es viel aufzuschreiben.
Später führte die Hexe Fantastika sie einen schmalen Trampelpfad entlang bis zu einer Lichtung im Wald, auf der Ponys weideten.
"Oh!", riefen die Mädchen überrascht. Endlich gab es etwas Erfreuliches! Sie begannen zu laufen, bis sie zwei unheimliche Gestalten in roten Mänteln mit Kapuzen erblickten, die bei der Weide standen und ihnen entgegen starrten.
Kaum hatte die Outdoor-Hexe die beiden fremden Personen gesehen, machte sie auf dem Absatz kehrt und scheuchte die Mädchen energisch in den Zitterwald zurück.



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