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6. Zecken im Zitterwald
Enttäuscht senkten alle dreizehn Schülerinnen ihre Köpfe. Aufmunternd fragte die Hexe Fantastika: "Habt ihr eben alles verstanden, was ich gesagt habe?"
"Nicht ganz", unterbrach Tolli die lähmende Stille. "Wieso unterrichtest du Tiersprachen, wenn es die gar nicht gibt?"
"Gute Frage." Die Hexe Fantastika nickte zustimmend. "Natürlich gibt es eine Sprache zwischen Mensch und Tier, aber das ist eine andere Sprache als zwischen Mensch und Mensch. Das ist der entscheidende Punkt. Meine Aufgabe ist es, euch
beizubringen, wie ihr als spätere Hexen mit Tieren sprechen könnt, indem ihr alles über das betreffende Tier wisst und dieses Verständnis sinnvoll anwendet. Also, mit Tieren zu sprechen bedeutet nicht nur etwas zu sagen, sondern auf die Körpersprache
des Tieres zu achten, seine Laute zu kennen, seine Umwelt einzubeziehen, seine Eigenart zu deuten und seine Fähigkeiten nicht zu überschätzen. Ein Tier zu vermenschlichen, wäre ganz falsch. Doch nun genug der Theorie! In Zukunft werden wir
unsere Unterrichtsstunde auf den Nachmittag verlegen, und zwar immer von zwei bis vier Uhr."
"Echt?", riefen die Mädchen wenig begeistert.
Die Hexe Fantastika fuhr ungerührt fort: "Ab morgen gehe ich mit euch, statt hier zu unterrichten, in den Zitterwald, wo wir die Tierwelt studieren. Zieht euch entsprechend an! Es hat wenig Sinn, die beste Jeans zu tragen, weil wir auf dem Erdboden
sitzen oder in Bäumen herumklettern."
"Wie ätzend!", erscholl es rundum entsetzt. Nur Tolli lachte begeistert über diese Aussicht. Endlich kam Leben in die Hexenschule!
"Wir gehen bei jedem Wetter", warnte die Hexe Fantastika die Schülerinnen. "Ich erwarte, dass jede von euch einen Schreibblock mit Bleistift mitbringt, damit ihr eure Beobachtungen gleich notieren könnt. Und wenn es regnet, setzt ihr bitte eine Kopfbedeckung
auf. Ich hasse es, wenn Mädchen klatschnasse Haare haben, weil das so abscheulich aussieht."
"Okay", murmelten die Mädchen bestürzt. Das konnte ja heiter werden. Bei schlechtem Wetter im matschigen Wald herumstapfen und mit den Eulen sprechen.
"Und die Zecken?", lehnte sich eine Schülerin gegen die Pläne der Hexe auf.
"Ja, die Zecken!", riefen jetzt mehrere Mädchen im Chor. "Die übertragen schreckliche Krankheiten."
"Wir müssen halt mit der Zecke reden und sie davon abhalten", witzelte Schnippi.
"Nach jedem Waldgang sucht ihr euch nach Zecken ab", riet die Hexe Fantastika ihnen. "Ihr braucht euch nicht vor ein paar Zecken zu fürchten. Denkt daran, so ein Waldlehrgang ist immer lebensgefährlich."
"Was bist du für eine Hexe?", fragte Belli nachdenklich.
"Eine Outdoor-Hexe", erklärte die Hexe Fantastika stolz.
"Eine Feld-, Wald- und Wiesenhexe", tuschelte es. "Kein Wunder, dass sie uns in den Wald jagt." "Morgen nachmittag bin ich krank." "Die bringt es fertig und lässt uns mit Kreuzottern reden."
"Ich wäre auch gerne eine Outdoor-Hexe", versuchte Blondi, sich beliebt zu machen. "Echt cool, den ganzen Tag draußen in der Natur zu sein. Das macht Spaß."
Ganz und gar nicht." Die Stimme der Hexe Fantastika klang zutiefst bekümmert. "Es gibt so viele Umweltprobleme, die mir oft gründlich den Tag verderben."
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