Home Tolli im Hexen-Internat


3. Blondi wird bevorzugt

Unter lautem Gepolter wurde ein schwerbeladener Bücherwagen in das Klassenzimmer geschoben, auf dem ein Stapel weißer Mini-Notebooks lag. "Ich bringe die Computer für die Erstklässler", sagte die Hexe Reibeisen geschäftig.
"Wird aber auch Zeit!", rief die Hexe Berberitze gereizt. Sie winkte Blondi zu sich. "Nimm dir ein Netbook, mein Kind. Ihr anderen vortreten und der Reihe nach euren Schulcomputer abholen!"
Als Tolli ihr Netbook in Empfang nahm, zischte die Hexe Berberitze ihr drohend in Ohr: "Nicht bekritzeln!"
"N-n-nein", stotterte Tolli und wurde rot bis zu den Haarspitzen. Schnell lief sie zu ihrem Platz zurück, wo Schnippi ihr verschwörerisch zuzwinkerte. "Alte Giftzecke." Tolli schnitt der Klassenlehrerin eine Grimasse. Diese befahl den Schülerinnen: "Gerade sitzen!" Und sobald eines der Mädchen wieder in die gemütliche Sitzweise zurückfiel, wedelte die Hexe Berberitze sogleich mit den Händen. Blondi in der ersten Reihe saß kerzengerade, als hätte sie einen Besenstiel verschluckt.
In der zweiten Schulstunde hatten sie Datenverarbeitung. Die dreizehn dreizehnjährigen Mädchen lernten, ihr Netbook einzuschalten, das Betriebssystem hochzufahren und ihre Mails abzurufen. Die erste E-Mail war die offizielle Begrüßungsmail der Oberhexe Donnerwetter an die neuen Schülerinnen. Die Oberhexe leitete die Hexenschule. Sie erwartete eiserne Disziplin und überdurchschnittlichen Fleiß, auch hohe Intelligenz und unerschütterliches Durchhaltevermögen. Und sie betonte, für alle Neuen gäbe es eine Probezeit von einem halben Jahr.
"Ob ich das je schaffe?", murmelte Schnippi kleinlaut. "Hier muss wohl alles hundertprozentig sein", flüsterte Tolli der neben ihr sitzenden Belli zu. "Wem sagst du da?" Bellis braune Augen funkelten belustigt. Frosti räusperte sich umständlich, dann meldete sie sich.
"Ja?" Die Hexe Berberitze blickte kühl zu ihr nach hinten.
"Dürfen wir die E-Mail beantworten?", fragte Frosti sachlich.
"Du willst der Oberhexe widersprechen?", schrie die Hexe Berberitze aufgebracht.
"Nein. Mich nur bedanken." Frosti wurde unter den Blicken ihrer Klassenlehrerin immer kleiner. "Das kannst du dir sparen!", fauchte die Hexe Berberitze. "Hier wird hart gearbeitet und nicht unnötig Zeit vergeudet."
Neun Mitschülerinnen drehten sich nach Frosti um und grinsten schadenfroh.



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