Das goldene BeinchenKinder, kommt mal alle her, wir erzählen uns eine Gruselgeschichte. Jack, du kannst dich neben mich setzen. Gleich wird es spannend. Seid jetzt still, damit wir das Käuzchen vor dem Fenster hören. Dieser seltsame Ton! Hört ihr? Ach, das ist Luzie. Sie fiept vor der Tür. Susanne, läßt du sie rein. So ist es recht. Nein, Pierre. Nicht den Hund von hinten streicheln. Luzie will dich sehen, bevor du sie anfaßt, sonst erschrickt sie. Also, die Geschichte geht so. O, Kosta! Mußt du immer Tanja kitzeln. Du weißt doch, sie ist schrecklich kitzelig. Nun ist aber genug. Pst, pst! Ist das eine verborgene Uhr, die tickt? Knarrt die Treppe im Flur, weil ein Gespenst hinunterschleicht? Manchmal klirren auch Ketten. Dann kommt der Moormann! Oder wir hören ein: tapp, tapp, tapp. Und so fängt meine Geschichte an: Es war einmal ein Mann, der war sehr reich. Er war so reich, daß er sich ein goldenes Beinchen anfertigen lassen konnte. Im Krieg hatte er ein Bein verloren. Mit Hilfe des goldenen Beinchens konnte der Mann wieder einigermaßen gehen. Eines Tages wurde der reiche Mann sehr krank. Sein letzter Wille war, mit seinem goldenen Beinchen begraben zu werden. Als der Mann gestorben war, beerdigte man ihn ganz so, wie er es sich gewünscht hatte.
In der ersten Nacht nach der Beerdigung hörte die Familie des verstorbenen reichen Mannnes ein tapp, tapp, tapp auf der Treppe. Tapp, tapp, tapp! Und wieder: tapp, tapp, tapp. Dann sprach eine hohle Stimme: "Wer hat mein goldenes Beinchen gestohlen? Wer hat mein goldenes Beinchen gestohlen?" Danach wurde es wieder ruhig. In der zweiten Nacht - um Mitternacht - ertönte wieder das tapp, tapp, tapp auf der Treppe. Und wieder rief eine Stimme, diesmal viel lauter: "Wer hat mein goldenes Beinchen gestohlen?
Wer hat mein goldenes Beinchen gestohlen?
Die Stimme erstarb. Es wurde totenstill im Haus. In der dritten Nacht - kurz nach zwölf Uhr - ertönte erneut das tapp, tapp, tapp auf der Treppe. Und wieder rief eine Stimme, diesmal sehr laut und böse: "Wer hat mein goldenes Beinchen gestohlen? Wer hat mein goldenes Beinchen gestohlen?" Näher und näher kamen die Schritte. Tapp, tapp, tapp! Tapp, tapp, tapp! "Wer hat mein goldenes Beinchen gestohlen?" Ja, wer nur?
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