9 Als Frau Gras hörte, Jenny wolle für sie arbeiten, zeigte sie sich hocherfreut. Sie litt unter Rückenbeschwerden, deshalb wurde ihr die Gartenarbeit zu schwer. "Du kannst gleich die Blumen gießen", trug sie Jenny auf. "Später zeige ich dir das Gewächshaus und den Kräutergarten." Rippchen murmelte unwirsch: "Schöne B-b-bescherung." In einem Schuppen fand Jenny einen großen Sonnenhut. "Den Hut setze ich bei jedem Wetter auf", beschloß sie, "dann stehe ich immer im Schatten und muß mich nicht vor Frau Pocke fürchten." Ein völlig neues Leben begann nun für Jenny. Sie mußte früh aufstehen, die Verantwortung für das Gewächshaus übernehmen und den ganzen Tag schwer körperlich arbeiten. Abends fiel sie todmüde ins Bett. Am Wochenende fanden laute Partys im Schloß statt, die die Nacht zum Tage machten. Für diese Feste mußte Jenny Blumensträuße binden. Ihre Sträuße wurden von Tag zu Tag kunstvoller. Manchmal wachte Jenny nachts in ihrem Bett auf. Lärm hatte sie geweckt. Die Gäste im Schloß lachten und schrien, Musik ertönte, Feuerwerk knallte. Rohgeloh, der sie gerettet hatte, kam regelmäßig zu Besuch. "Deine Blumensträuße sind zu schön", warnte er Jenny. "Frau Gras hat immer nur einfache Sträuße abgeliefert." Doch so sehr Jenny sich auch Mühe gab, sie konnte nur schöne Sträuße binden.
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