Home Ferien im Monsterland

83. Am Lagerfeuer

"Was für ein schönes Zelt!" ruft Anna begeistert aus. Dass sie nicht pausenlos tanzen muss, sondern mit ihren neuen Freunden zelten darf, erfüllt sie mit großer Dankbarkeit. Am liebsten würde sie vor Freude in die Luft springen. Doch ein Luftsprung erinnert sie zu sehr an den verhassten Spitzentanz.
Fröhlich hilft sie Robin, auf dem kleinen Campingkocher ein Nudelgericht zu kochen. An der frischen Luft und in Gesellschaft ihrer neuen Freunde schmecken die Spaghettis mit Tomatensoße herrlich. Später beschließen die Kinder, im See zu baden. Doch Anna bleibt lieber am Ufer zurück.
"Meine Mutter könnte mich im Wasser schnappen!" erklärt sie ängstlich.
Abends sitzen die vier Kinder am Lagerfeuer vor ihrem Zelt und unterhalten sich angeregt. Jetzt ist die Gelegenheit günstig, Annas Geschichte zu hören.
"Du siehst gar nicht deiner Mutter ähnlich", sagt der Monsterjunge verwundert.
Anna nickt, dann erzählt sie mit bebender Stimme: "Die Wasserhexe ist nicht meine richtige Mutter."
"Nicht?" Erstaunt reißt Lisa die Augen auf.
"Sie hat mich als Baby adoptiert." Annas hübsches Gesicht verdüstert sich.
"Das erklärt einiges." Robin starrt Anna wie ein Schlafwandler an.
Anna fährt fort zu erzählen: "Meine Eltern leben nicht hier, vermutlich in dem Land, aus dem ihr kommt." Traurig blickt sie die Geschwister an.
"Das ist ja furchtbar", bedauert Lisa sie zutiefst. Kwick meint nachdenklich: "So etwas habe ich auch schon gehört. Die Babys werden in das Monsterland verschleppt."
"Aber warum?" fragt Lisa empört.
"Meine Mutter kann keine eigenen Kinder bekommen. Deshalb hat sie mich gestohlen", berichtet Anna betrübt den Freunden. "Und weil sie nichts schöner findet als Spitzentanz, zwingt sie mich ständig dazu."
"So eine Gemeinheit!" bemitleidet Lisa sie.
"Ich soll die ganzen Sommerferien über nur tanzen", beschwert sich Anna. "Und damit ich nicht aufmucke, denkt sie sich die verrücktesten Sachen aus."
"Was hat die Rätselbrücke für einen Sinn?" fragt Kwick sie.
Anna lacht bitter auf. "Das ist wieder so ein Trick meiner Mutter. Wie gesagt, damit ich alles mache, was sie will, hat sie Robin als Köder benutzt. Zu mir sagt sie: Das wird lustig. Dabei ist das Rätsel viel zu schwer."
"Ich habe es trotzdem gelöst", meint Robin froh.
"Ja, du bist clever." Anna lächelt ihn an. Sogleich überzieht eine unübersehbare Röte das Gesicht des Jungen.
"Meine Mutter denkt, du bist dumm, aber da hat sie sich gründlich geirrt."
Lisa fragt besorgt: "Was machen wir, wenn sie dich hier bei uns entdeckt?"
"Kann sie ruhig", versichert Anna. "Sie hat die Regeln aufgestellt, und nach ihren Regeln hat Robin mich vom Spitzentanz befreit, indem er Leb, Anna zu mir gesagt hat. Bis zum Ende der Sommerferien kann ich tun und lassen, was ich will. Dafür bin ich dir ewig dankbar, Robin!"


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