82. Streit
"Wo ist Sergej?" fragte Aleks, als die Familie sich zum Mittagessen traf und sein Bruder fehlte. Natürlich unterhielten sie sich daheim in ihrer Muttersprache.
"Lukas hat ihn auf einen Lehrgang geschickt", erzählte Ludmilla, während sie das Brot verteilte.
"Wann kommt er zurück?" Sein Vater ließ sich von der Suppe geben.
"In drei Wochen. Lukas ist sehr großzügig. Solch ein Lehrgang kostet bestimmt viel Geld."
"Wo ist der Junge?" fragte Oma Dimitrov und schaute von ihrem Teller auf.
"Auf einem Lehrgang für Hydrokultur", sagte Ludmilla mit lauter Stimme, weil Oma und Opa schlecht hörten.
Opa Dimitrov schüttelte erstaunt den Kopf. "Lernt er hier denn nicht genug?"
"Doch. Aber ein Lehrgang ist immer nützlich."
"Hoffentlich spurt der Junge", murmelte Krasimir aufgebracht.
"Er arbeitet viel", nahm die Mutter Sergej in Schutz.
"Ach was, er ist ein Herumtreiber!" schimpfte der Vater los. Sein Gesicht rötete sich vor Ärger. "Er wird von mir etwas zu hören kriegen. Lukas ist unzufrieden mit seinen Leistungen."
"Wenn Sergej doch so gut wie Aleks wäre", wünschte sich die Mutter und seufzte tief.
"Ich finde, er kann sehr gut mit Pflanzen umgehen", verteidigte Aleks seinen Bruder.
Sein Vater wurde noch wütender. "Ja, ja. Nehmt ihn nur in Schutz! Ich bin außer mir! Dieser Taugenichts hat nichts anderes im Kopf, als abends in der Verbotenen Zone
herumzuhängen. Ein undankbarer Bengel!"
Daraufhin schwirrten die Stimmen durcheinander.
"Er sucht dort nach Duro."
"Wer ist Guru?" Oma Dimitrov blickte Aleks verständnislos an.
"Ach was, er sucht nach wer weiß was, nur nicht nach diesem schrecklichen Jungen."
"Sergej leidet darunter, dass er Duro vertraut hat und dann von ihm enttäuscht wurde."
"Geh mir weg mit diesem Duro. Noch so ein schlimmer Nichtsnutz!"
" Was wohl aus Duro wird?"
"Sicherlich nichts Gutes."
"Sei du froh, dass du in einer ordentlichen Familie lebst."
"Dafür kann ich nichts."
"Auch noch frech werden. Langsam reicht's mir."
"Nun mach mal einen Punkt, Krasimir. Komm, nimm von dem frischen Salat."
"Ach, lass mich in Frieden mit deinem Grünzeug! Seit ich hier arbeite, sehe ich den ganzen Tag grünes Zeug."
Nach dieser unerfreulichen Auseinandersetzung saßen alle bedrückt am Tisch und aßen schweigend weiter.
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